2.2 Die Guillemets (» « › ‹) ← Zeichensetzung

2.2 Die Guillemets (» « › ‹)

Die deutschen Anführungszeichen (siehe 2.1 Typographie) haben den Nachteil, dem Komma und dem Apostroph optisch stark zu ähneln.  Im Prinzip kann man sie immer auseinanderhalten, weil das eine nie an derselben Stelle wie das andere stehen kann, doch es erschwert den Lesefluss, wenn sie gehäuft auftreten.

„Niemals“, sagte er, „werde ich dich ‚Papa‘ nennen!“

„‚Papa‘“, meinte er dazu, „‚Daddy‘ oder ‚Vater‘ musst du mich auch nicht nennen. Aber ‚Tomas‘ wäre schön. Du musst ja nicht zu ‚Papas‘ Geburtstag kommen, aber vielleicht zu ‚Tomas’‘“, frotzelte er.

Zugegeben, das Beispiel ist konstruiert, aber es zeigt die Komplexität, die sich mit typographischen deutschen Anführungszeichen ergeben kann.

Zudem wird im Schriftsatz oft bemängelt, dass die deutschen Anführungszeichen das Schriftbild stören, weil sie so viel weißen Platz in der Mitte der Zeile erzeugen.

Um diese Schwierigkeiten zu reduzieren, kann man in Erzählungen die Guillemets ([ɡijəˈmɛːs]) als Ersatz für die deutschen Anführungszeichen verwenden (auch Chevrons genannt).  Mit ihnen sieht der Text von oben so aus:

»Niemals«, sagte er, »werde ich dich ›Papa‹ nennen!«

»›Papa‹«, meinte er dazu, »›Daddy‹ oder ›Vater‹ musst du mich auch nicht nennen. Aber ›Tomas‹ wäre schön. Du musst ja nicht zu ›Papas‹ Geburtstag kommen, aber vielleicht zu ›Tomas’‹«, frotzelte er.

Das beseitigt nicht die Hauptprobleme des Textes, aber es reduziert die Häufung der sich stark ähnelnden Zeichen und sorgt für ein ruhigeres Schriftbild.

Im deutschen Buchdruck für Romane und Geschichten sind die Guillemets weit verbreitet.  Einige normative Quellen erwähnen sie auch explizit als korrekt.  Mehr Information dazu findet sich in der Wikipedia.

Einige Lektoren verlangen sogar explizit, dass Guillemets in den Normseiten verwendet werden (siehe 5 Normseite).

Wie man die Guillemets eingeben kann, wird im Abschnitt 7.1 Eingabe spezieller Zeichen erklärt.


Nächster Abschnitt:  2.3 Striche (- –)

5 Kommentare:

  1. Hallo Alfe, vielen Dank für Deine wertvolle Arbeit. Ich habe folgende Frage:
    Gelten die Zeichen auch für Gedanken?
    Beispiel: »Wird er mich jemals lieben?« dachte sie.

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  2. Hallo Leon!

    Deinem Beispiel fehlt noch ein Komma:
    → »Wird er mich jemals lieben?«, dachte sie.
    Aber zur eigentlichen Frage: Ja, im Prinzip schon. Allerdings ist wörtliche Gedankenrede ein Thema für sich, das ich aus gutem Grund nicht im Blog behandle. Es ist zu umstritten, als dass ich einen Konsens als »Regel« hätte erkennen können. Ich fasse mal kurz zusammen, was ich dazu als Positionen kennengelernt habe:

    1. Position: Wörtliche Gedankenrede ist grundsätzlich schlecht. Denn Menschen denken in der Regel nicht in Worten, sondern in Konzepten. Wenn jemand wie in deinem Beispiel Zweifel hegt, ob jemand ihn jemals lieben wird, dann bestehen diese Zweifel nicht einen Moment lang, sondern sind ein manifestiertes Gefühl, das Tage, Wochen oder auch mal Jahre bleiben kann. Das drückt man als Autor besser in Prosa aus:
    → Sie fragte sich, ob er sie jemals lieben würde.
    → Ihre Zweifel an seiner Liebe nagten schon seit Wochen an ihr.
    Solche Gedanken als Worte zu notieren, zeigt vor allem, dass man sich des eigentlich im Kopf ablaufenden Prozesses nicht bewusst ist.

    2. Position: Doppelte Anführungszeichen (egal ob „diese“ oder »diese«) sind wörtlicher Rede (also hörbarer) vorbehalten. Damit soll dem Leser erleichtert werden, Gesprochenes zu erkennen. Würde man auch Gedankenrede so notieren, würde der Leser oft erst nach diesen Gedanken erfahren, dass diese gar nicht laut gesprochen werden. Um das Problem mit wörtlicher Gedankenrede dann zu umschiffen, kann man selbige in ›einzelne‹ (halbe) Anführungszeichen setzen; dies ist nicht von der offiziellen Rechtschreibung gedeckt. Offiziell nutzt man diese nur für Zitate innerhalb von wörtlicher Rede. Im Verlagsdruck findet sich diese Nutzung aber auch bisweilen. Eine Alternative ist noch, Gedankenrede in kursiver Schrift (und ohne Anführungszeichen) zu notieren. Den Grundsatz, möglichst wenig kursive Textauszeichnung zu nutzen, hält das dann allerdings oft nicht mehr ein. Und wenn in einem Fantasywerk Figuren telepathisch Informationen austauschen, wird das Kursive oft zum vorrangigen Schriftschnitt. Das ist nicht ideal, denn dafür ist diese Auszeichnung nicht designt worden.

    3. Position: Gedanken kann man auch mal ganz ohne Markierung einfließen lassen:
    → Wird er mich jemand lieben?, dachte sie.
    Das kann natürlich unübersichtlich werden, besonders, wenn die formulierten Gedanken lang sind.

    Fazit: Welcher Position du folgen willst, musst du dir selbst überlegen. In der ernsteren Literatur wird am ehesten noch 1. vertreten (das hört man auch oft von Lektoren zum Thema). Allerdings ist der Mega-Bestseller »Dune« von Frank Herbert zum Beispiel gespickt mit Unmengen von wörtlichen Gedanken in doppelten Anführungszeichen. Selfpublisher benutzen sehr oft das Kursive für Gedanken (und haben auch viele wörtliche Gedankenreden).

    Am Ende musst du selbst entscheiden, weil es da leider keine klaren Regeln gibt, die von allen akzeptiert werden.

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    1. Hallo Alfe, ein dickes DANKE für Deine wertvolle Hilfe!
      Der Satz mit der Liebe war wirklich nur als grobes Beispiel gemeint.
      Ich habe noch zwei Weitere, wobei das zweite Beispiel ja schon in Deine Richtung geht.

      Beispiel 1: Der Auftrag hörte sich verdammt gut an, aber da die Karten etwas anderes berichteten, sagte Horst dem Kapitän, »dass er leider schon anderweitig zugesagt hätte, natürlich eine sehr wichtigen und angesehenen Person der Stadt«.

      Beispiel 2: Tausende Gedanken schossen ihr in Sekundenbruchteilen durch den Kopf: »Buch, Buch, Buch, aber was zum Henker ist ein … ach, so etwas gibt es? Abgefahren!«

      Wie nennt man das Beispiel 1? Gedanken sind das ja nicht, oder?
      Bei Deinen Vorschlägen fällt mir ein, dass der Leser ja diese Konventionen kennen muss. Welcher Leser kennt allerdings die unterschiedlichen Anführungszeichen oder Gedanken-, Bindestriche? Nicht jeder will für den Suhrkamp-Verlag schreiben. Muss man so empfindlich auch sein, wenn man einfach schöne Geschichten in Form von Groschenromanen schreiben will?
      Wer bestimmt die Regeln? Der DUDEN? Ich habe mir neulich einen Duden-Fremdwörter gekauft und jede Menge Blödsinn darin gefunden. Eine BAR ist schon seit den 70ern kein "Intimes" Schanklokal mehr, UNIX ist zwar ein Betriebssystem, hat aber mit "Netzwerk" im Hauptsächlichen nichts zu tun, und es gibt wesentlich "empfindlichere" Stellen am Körper, als eine ACHILLESSEHNE - man sollte hier schon dazu schreiben, WIESO sie als so empfindlich betrachtet wird. Hat der Duden noch immer recht? Die Produkte von Pons finde ich weitaus besser, aber das ist nur meine bescheidene Meinung.
      Nochmals vielen Dank für Deine Hilfe!

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    2. Hallo Leon!

      Dein erstes Beispiel ist ein Gemisch aus Prosa und Zitat. Da gehört nur ins Zitat, was wortwörtlich so gesagt (oder geschrieben) worden ist. Das »hätte« passt also zum Beispiel nicht.
      → …, sagte Horst dem Kapitän, dass er leider »schon anderweitig zugesagt« hätte, natürlich einer »sehr wichtigen und angesehenen Person der Stadt«.
      (Bedenke aber auch Kapitel 3.2 den Abschnitt zu bösen Inquits.)

      Beispiel 2 ist so schon in Ordnung, zumal hier das Inquit schon vor der wörtlichen Rede klarmacht, dass es Gedankenrede ist.

      Zum Thema Konventionen: Konventionen kann man auch als Autor/Verlag etablieren, der Leser bekommt das dann schon mit. Vielen Lesern wird es auch gar nicht auffallen, dass Gedanken in diesem Buch immer kursiv dargestellt werden. Er liest ja auch den Text selbst, und der erklärt es ja in der Regel. Taucht dann irgendwann ein unklarer Text auf, der ebenfalls in kursiv ist, hat der Leser die Konvention schon gefressen und versteht es deshalb.

      Als Autor würde ich mir nicht zu viele Gedanken über die Auszeichnung machen. Wenn ein Verlag da meint, kursiv geht nicht für wörtliche Gedankenrede, er nimmt immer Anführungszeichen – dann wird das eben so gemacht. Dem Buch wird es nicht schaden, und Stammleser des Verlags sind an diese Konvention schon gewöhnt. Als Selfpublisher muss man sich dazu natürlich Gedanken machen, wenn es an den Buchsatz geht. Aber dieses Blog hier richtet sich eher an die schreibende Zunft als an die setzende oder die publizierende.

      Ich würde mir nur überlegen, ob ich all diese Probleme nicht sauber umschiffen kann, indem ich wörtliche Gedankenrede gänzlich vermeide (Position 1) oder zumindest auf das absolut Notwendige reduziere. Das ist in meinen Augen die eleganteste und sauberste Lösung.

      Regeln – tja, es wird eben nicht alles geregelt. Der Duden würde sagen, dass wörtliche Gedankenrede in doppelte Anführungszeichen gehören, genau wie Begriffe, die damit als ironisch gekennzeichnet werden. Aber das irritiert nun einmal oft, und deshalb suchen Verlage bzw. Setzer dann gerne Alternativen. Da werden dann die ironischen Begriffe in den dialoglastigen Prosateilen in halbe Anführungszeichen gesetzt, damit man beim Lesen nicht den Eindruck hat, das sei jetzt wörtliche Rede. Oder Gedanken werden eben kursiv gesetzt, was der Duden gar nicht kennt.

      Am Ende zählen nicht die Regeln, sondern der Erfolg beim Leser.

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  3. Hallo Alfe!
    Das mit dem "hätte" war natürlich völlig dämlich. War halt recht halbherzig getippt, halt um schnell ein Beispiel aus dem Hut zu zaubern.
    Ich verneige mich vor Deinem gigantischen Wissen und danke vielmals für Deine Hilfe und sehr guten Ratschläge.

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